leerer Markusplatz

der menschenleere Markusplatz mit Tauben

niemand verstellt den Blick auf die Seufzerbrücke

niemand verstellt den Blick auf die Seufzerbrücke

Piazzetta zwischen Dogenpalast und Markusbibiliothek

leere Stühle, die Caffes sind alle geschlossen

STADTFÜHRUNGEN VENEDIG

   

Eine Stadt steht still: Venedig in den Zeiten des Coronavirus Covid-19

 die Stadt, die Welt im Ausnahmezustand

 

Venedig und die Pest - eine jahrhundertelanges Problem, das die Stadt vom 14. bis zum 17. Jahrhundert in Atem hielt. Thomas Mann schilderte 1911 in seiner Novelle "Tod in Venedig" den letzten Ausbruch der Cholera in der Lagunenstadt. Und jetzt ist eingetreten, was sich keiner von uns in Venedig hätte vorstellen können: eine weitere Epidemie, der Coronavirus Covid-19, überrollt die Stadt wie Europa und die Welt.

Seit Jahren lebe und arbeite ich als autorisierte Stadtfuehrerin in der Lagunenstadt und habe mir nun zum Ziel gesetzt, über diese so besondere und eigenartige Zeit im Bild und mit Worten fortschreitend zu berichten, über Venedig in den Zeiten des Coronavirus Covid-19.

Während am 17. Februar den chinesischen Mitbürgern noch Solidarität gezeugt wurde, z.B. in Mailand mit der "Notte della Bacchette", wurden am 21. Februar 2020 in Italien die ersten Corona-Fälle verzeichnet: im Städtchen Codogno in der Lombardei und im Örtchen Vo` Euganeo im Veneto.  Mit einer Anordnung vom 21. Februar 2020 wurden die genannten Städtchen - mit insgesamt mehr als 10.000 Personen - unter Quarantäne gestellt. Am 23. Februar 2020, mitten im venezianischen Karneval, wurden durch ein Dekret der Regierung die gesamte Region Lombardei sowie weitere 11 Provinzen, u.a. die Provinz Venedig, ebenfalls unter Quarantäne gestellt. Schulen und Universitäten wurden ebenso geschlossen wie Theater und Kino. Dem folgte ein weiteres Dekret vom 10. März 2020, dem zufolge nun ganz Italien Quarantänegebiet wurde, niemand darf mehr nach Italien ein- oder ausreisen. Versammlungen jeglicher Art sind verboten, auch Stadtführungen. Die Wohnung darf nur verlassen werden, wenn zwingenden Gründe dafür vorliegen: der Weg zur Arbeit, Einkauf des Lebensnotwendigen, alles andere sollte möglichst vermieden werden. Venedig steht still.

Solcherweise soll vermieden werden, dass sich der Coronavirus weiter ausbreitet. Italien hat ein gravierendes Problem: nur 5.090 Betten stehen in den Intensivstationen des Landes zur Verfügung, von denen der Großteil von anderen Kranken belegt ist. In Deutschland beispielsweise gibt es 28.000 Betten auf den Intensivstationen des Landes. Um zu verhindern, dass die Bettenkapazität nicht ausreicht, versucht die Regierung zu verhindern, dass das Coronavirus sich in Italien weiter ausbreitet. Das ist ein Manko, das auch nicht dadurch wettgemacht werden kann, dass das italienische Gesundheitssystem weltweit nach Hongkong, Singapoore und Spanien auf Platz 4 des Rankings steht (Deutschland auf Platz 45, Bloomberg Klassifizierung 2018).

Am 23. März 2020 wurde in Italien erstmals ein Rückgang der Neuerkrankungen und der Todesfälle verzeichnet: bei mehr als 50.000 Infizierten und mehr als 6.000 Toten ist das für das Land eine wichtige Nachricht. Am 24. März 2020 ließ Deutschland sechs Corona-Erkrankte aus Italien einfliegen, um sie in deutschen Kliniken zu pfegen und den Europartner Italien zu unterstützen. Schon am 22. März 2020 hat Deutschland auf diese Weise acht Erkrankte aus Frankreich übernommen. Der Trend der Verlangsamung der Anstieges der Erkrankungen sowie - teilweise - eines Abnehmens der Todesopfer setzte sich fort. Am 30. März 2020 wurde bestimmt, daß die Quarantänemaßnahmen vom 3. April 2020 mindestens bis zum 13. April 2020 (Ostern) beibehalten werden. Am 9. April 2020 wurde beschlossen, die Quarantäne in Italien bis zum 3. Mai 2020 zu verlängern.

 

Portego im Palast der Familie Grimani von Santa Maria Formosa Ölgemälde des Malers Giambattista Tiepolo wird in der Ca´ Rezzonico restauriert Innenraum der Erlöserkirche auf der Giudecca

In den ersten Tagen vom 24. Februar bis zum 7. März, als Venedig mit seiner Provinz Venezia "rote Zone" wurde, waren die Museen und Kirchen der Stadt geöffnet. Die Zahl der Besucher war nach dem Dekret vom Karnevalssonntag, 23. Februar 2020, drastisch gesunken, so dass die Museen und museal genutzte Kirchen zwar geöffnet, aber komplett verwaist waren. Im Prachtraum des Palastes der Adelsfamilie Grimani beim Campo Santa Maria Formosa war nur das Museumspersonal vor Ort. Im Palast der Familie Rezzonico, der Ca´Rezzonico, konnte man den Restauratoren über die Schulter die schauen, die ein Ölgemälde des großen venezianischen Malers Giambattista Tiepolo restaurierten. Die Kirche "Il Redentore", die Erlöserkirche, ließ die Republik Venedig nach der großen Pestepidemie von 1577 errichten: Man hatte Jesus Christus dem Erlöser gelobt, ihm eine Kirche zu errichten, falls die Pest endlich zu Ende ginge. Beauftragt mit diesem wichtigen Gebäude wurde der Architekt Andrea Palladio.

Im Laufe der Woche wurden Versammlungen von vielen Menschen verboten, so dass Operhaus und Theater geschlossen wurden, wobei das Fenice am 2. März 2020 sein Konzert des Quartetto Dafne auf Youtube übertragen hat. Man merkte in Venedig sehr deutlich, dass sich gravierende Veränderungen anbahnten, gleichzeitg aber wurden die Verbot bezüglich der Versammlungen nicht von allen ganz ernst genommen, so luden beispielsweise die Bars am Markusplatz die Venezianer zum Aperitiv ein mit dem verlockenden Motto: trink zwei, zahl einen. Eine Initiative die postwendend von den Virulogen scharf kritisiert wurden.

 

Kontrolle durch die Behörden Einkaufen zur Zeit von Corona in Venedig - wie immer mit dem Einkaufswagen verwaiste Rialtobrücke

Darum beschloss die Regierung in Rom, ganz konsequent die Erlaubnis, sich außerhalb von zuhause herunterzufahren: seit dem 10. März bis zunächst dem 3. April gilt in ganz Italien ein Bewegungsverbot, abgesehen von zwingenden Fällen: Arbeit, Lebensmittel - und Spaziergänge.
Von Seiten der Polizei und des Heeres wird kontrolliert, ob die Venezianer diese Vorschriften einhalten. Egal weshalb man unterwegs ist, man benötigt eine Bescheinigung, die man sich im Internet herunterlädt und auf der die Personendaten sowie der Grund des Aufenthaltes außerhalb der eigenen 4 Wände vermerkt sind. Wer ohne eine solche Bescheinigung unterwegs ist, muss gegebenenfalls ein Strafmandat bezahlen, es drohen Gefängnisstrafen bei unerlaubtem Verlassen der Stadt. Der eine oder die andere sind mit Masken unterwegs, wenngleich Masken, wie überall auf der Welt, Mangelware sind.

 

Campo Santa Maria Formosa mit Obst- und Gemüsestand Supermarkt mit gefüllten Regalen in Castello  Zeitungskiosk auf der Via Gariabald

Es gibt in Venedig bis 18 Uhr abends alles, was wir brauchen. Die Obst- und Gemüsestände auf den Campi sind geöffnet, wie oben auf dem Campo Santa Maria Formosa - nur der Rialtomarkt ist geschlossen. Venedig hat viele gut ausgestattete Supermärkte, die jeder in fußnähe erreichen kann. Hamsterkäufe in den Supermärkten gibt und es gab es allerdings in Venedig nicht - schließlich muss man ja alles zu Fuß nach Hause bringen und das ist bei den vielen Brücken, die Venedig hat, jedes mal wieder eine neue Herausforderung, die uns Venezianer fit hätl. Und auch die "Edicola", der Kiosk mit den Zeitungen und Zeitschriften für groß und klein, ist geöffnet, ebenso wie die Apotheken und Tabbachi, die Zigarttengeschäfte.

 

Innenraum Santa Elena Kirche San Giacomo d´Orio am gleichnamigen Campo Santa Maria Formosa am gleichnamigen Campo

Wenngleich in Venedig wie in ganz Italien Gottesdienste untersagt sind - sie finden online statt, sind dennoch alle Kirchen von der Markuskirche bis zur kleinen Kirche der Heiligen Helena in Castello oder der Kirche des Heiligen Jakob Orio die Gotteshäuser in Venedig den Gläubigen tagsüber zugänglich. Wie überall muss man darauf achten, dass man nicht zu nahe an einen Mitbewohner gelangt.

 

    

Venedig menschenleer: das war bisher der Traum eines jeden Fotografen - diese Stadt, die täglich von tausenden von Menschen aus der ganzen Welt besucht wurde, fotografieren zu können ohne Menschen. Der Palast des Patriarchen von Venedig an der Piazzetta dei Leonie, der Dogenpalast, der sich mit seiner mächtigen Fassade zum Hafenbecken hin erhebt, die Via Garibaldi, quirliges Zentrum der vielen Venezianer die hier im Osten der Stadt hin leben und die Riva dei Martiri, die zu den Giardini hin führt. Alles menschenleer und von einer Atmosphäre der Unwirklichkeit durchdrungen. Nie zuvor konnte Venedig so fotografiert werden.

 

Sonntag 15. März 2020: italienweit läuteten die Kirchenglocken gegen das Corona-Virus. So auch in Venedig. Die tief klingende Glocke ist die Marangona, die Hauptglocke der 5 Glocken des Glockenturmes der Markuskirche, die schon seit Jahrhunderten die Venezianer mit ihrem charakteristischen Geläute begleitet und Mut macht. 

 

Hafenbecken vor dem Markusplatz Riva degli Schiavon Rio in Castello

Am 23. März 2020 trat ein weiteres Dekret der Regierung in Kraft, dass alle Arbeiten, die für die Republik Italien nicht lebensnotwendig sind, ausgesetzt werden, um ein weiteres mal das Zirkulieren von Menschen zu unterbinden. Seit dem 22. März zeichnete sich ein leichtes Rückgehen der Neuerkrankungen und der Todesfälle ab.

 

Seit dem 4. Mai 2020 dürfen sich die Venezianer wieder - relativ - normal in ihrer Stadt bewegen. Nach und nach öffnen wieder Geschäfte, Ämter, Restaurants und Bars.

 

Am 25. Mai 2020 wurde es den Stadtführern erlaubt, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen.

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Vom 5. November bis zum 3. Dezember (einschließlich) 2020 gibt es in Italien auf Grund der erneut wieder ansteigenden Zahlen der Corona/Covid-19 Pandemie wieder Einschränkungen:
- Maskenpflicht im öffentlichen Raum
- Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen
- Maskenpflicht im öffentlichen Transport
- Bars und Restaurants schließen um 18 Uhr
- Museen sind geschlossen