Führung Handwerk in Venedig: Stoffproduktion
die Weberei Bevilacqua
Im Jahre 1499 malte der venezianische Maler Giovanni Mansueti, ein Schüler Gentile Bellinis, ein Bild für die Markusbruderschaft mit der Geschichte des Heiligen Markus (heute in Vaduz), auf dem der Maler in einem kleinen bildinternen Schildchen die Geldgeber für dieses Bild auflistete, u.a. einen Stoffproduzenten namens Giovanni Bevilacqua, tessitore ("Weber"). Auch heute noch produzieren die Bevilacquas ihre herrlichen Stoffe in Venedig und zwar manuell, eine Einzigartigkeit.
Es wird berichtet, dass der deutsche König aus dem Geschlecht der Salier, Heinrich III, einer schönen Venezianerin ein Gewand aus Seidenbrokat griechischer Povenienz schenkte, und so diese herrlichen Stoffe nach Venedig kamen.
Seide wurde nach Venedig aus dem Orient importiert, war doch Venedig die Warendrehscheibe zwischen Orient und Okzident. Die Weiterverabeitung dieses wertvollen Rohstoffes begann im 12. Jh, in welchem die erste Bruderschaft, die Arte dei Samiteri (die ersten Stoffe wurden "scamito" nach griechisch "hexamitos" - 6 Fäden genannt), im Jahre 1265 gegründet wurde.
Im Jahre 1806 wurden durch ein Dekret Napoleons alle Bruderschaften in Venedig geschlossen, ein weiterer Schlag für Wirtschaft der Lagunenstadt. Erst 1875, mittlerweile gehörte Venedig schon zum Königreich Italien, eröffnete Luigi Bevilacqua seine Weberei, welche heute in Venedig die einzige von ehemals Tausenden ist, die die alte "Kunst" der Seidenproduktion noch weiterführt.
Die Webstühle, die heute noch verwendet werden, stammen aus der alten Scuola della Seta della Serenissima. Die Webstühle arbeiten nach dem Jacquard-System, die ihren Namen nach dem französischen Seidenweber Joseph-Marie Jacquard (1752-1834) haben, d.h. es werden Lochkarten benutzt, die ein mechanisches Hochziehen der Kettfäden steuern und damit das Weben groß gemusterter Gewebe ermöglicht wird.
Schon die Vorbereitung eines Webstuhles mit seinen je nachdem Hunderten, aber durchaus auch mehr als Tausenden von Fäden, dauert mehrere Monate. Die Arbeit selbst geht, da sie manuell und körperlich sehr anstrengend ist, langsam voran. In Worten: eine geschulte Weberin schafft an einem Tag einen ca. 50-55 cm breit liegenden Stoff um je nach Schwierigkeitsgrad des Motives um 10-20 cm zu verlängern. Dem entsprechend hoch sind die Preise dieser Preziositäten, die zur Zeit der Republik als Wandbespannungen, Möbel- wie auch Kleiderstoff genutzt wurden, und anschaulich zeigten, wie reich die waren, die sich diese Stoffe leisten konnten.
Die Besichtigung der Werkstatt findet nach Absprache statt.
Führung Handwerk in Venedig
1. Führung Handwerk in Venedig: Gondelbauer
2. Führung Handwerk in Venedig: Forcolabauer
3. Führung Handwerk in Venedig: Masken
4. Führung Handwerk in Venedig: Marionetten
5. Führung Handwerk in Venedig: Stoffe
6. Führung Handwerk in Venedig: Kostümschneider
7. Führung Handwerk in Venedig: Schuster
8. Führung Handwerk in Venedig: Glas
9. Führung Handwerk in Venedig: Buchdruck und Papier